Ein Wochenende in der Gemeinde Heidesee (Teil II) (Fortsetzung)
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Plötzlich springen Stürme auf, und wer sie nicht ernst nimmt, kann leicht in Seenot geraten. Immer wieder hat der See auch Opfer gefordert, die Einheimischen wissen das. Nimm dich in acht vor der Hollwacht!, ist ein überlieferter Spruch rund um den Wolziger See. Die Hollwacht nennt man die neunte Welle, die stärker ist als die acht Wellen, die ihr vorausgegangen sind. Manchmal, wenn sie ins Schilf fällt, kehrt sie zurück, mit gewaltigen Wassermassen, die andern acht Wogen überschlagend. Kein Ruderboot kann dem entgehen. – Doch wohl keiner, der die Schönheiten des Wolziger Sees entdeckt hat, ließ sich von dieser Gefahr abhalten. Vielleicht gilt er gerade deshalb unter Sportlern als einer der schönsten Seen weit und breit.
Der Weg bis zu einem Kleinod, das man in diesem Sand kaum erwartet, ist nicht weit. Keine 500 Meter hinterm Hafen von Blossin, gleich neben dem alten Dorfanger, liegt hinter uralten hohen Bäumen ein Schloss, ein klar gegliederter Bau, dem auch das später aufgesetzte Dachgeschoß kaum etwas von seiner Schönheit nehmen kann. Das Schloss gehört mit Sicherheit zu den am besten erhaltenen märkischen Landsitzen. Die helle Fassade, die hohen Fenster, die schöne Parkanlage hinter dem Haus, in der weiße Bänke stehen – eine Perle der Mark, umweht von einem Hauch preußischer Geschichte.
Friedrich Wilhelm I. hat sich das Schloss bauen lassen. Er ging von hier aus auf seine berühmten herbstlichen Reiherbeizen. Ursprünglich aber stand an dieser Stelle gerade jenes Gutshaus der Queisse, um derentwillen Fontane dem Ort Blossin historischen Rang zuerkannte.
Jene Fehde ereignete sich im 16. Jahrhundert, und ist recht verworren. Da sich schließlich aber selbst Luther in die Geschichte einmischte, soll sie zumindest kurz erzählt werden. Aus einem Streit, den der Schäfer von Blossin und der Gutsherr von Queiss miteinander führten, war ein Aufruhr entstanden, denn der Schäfer hatte in Friedersdorf und in Dolgenbrodt einen brandschatzenden Bauernhaufen um sich geschart. Herr von Queiß forderte vom Bischof und vom Landvogt Hilfe, die aber erwiesen sich als so säumig, dass Herr von Queiß in Zorn geriet und schließlich den Ritter Nickel von Minckwitz in seine Dienste nahm. Der zog nun keineswegs gegen den aufrührerischen Schäfer, sondern gegen den Bischof und dessen Stadt Fürstenwalde. Seine Truppen eroberten die Stadt, plünderten und verwüsteten sie... Noch Jahre dauerten die Kämpfe, bis Nickel von Minckwitz in die Knie gezwungen wurde. Niemand sprach mehr von dem Schäfer, der alte Queiß war längst gestorben. Weiter auf Seite 3»
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