570 JAHRE DORFGESCHICHTE
Vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt
Gussower stellen Schautafeln zur Geschichte des Ortes aus
25. Juli 2006 Heidesee Journal / Brandenburg Regional) Wie bei vielen Dörfern in Brandenburg, so liegt auch die Geschichte des Ortes Gussow bisher weitgehend im Dunkeln. Gussow gehört seit drei Jahren zur Gemeinde Heidesee. Davor allerdings liegen 570 Jahre Eigenständigkeit. Jahre, die nicht dem Vergessen preisgegeben werden sollten. Das sagten sich 15 engagierte Bürger und riefen ein für die Gemeinde einmaliges Projekt ins Leben.
Unter der Regie der beiden „Neu-Gussower“ Georg Schäfer und Elmar Huxoll tragen sie seit drei Jahren Informationen über die Geschichte der Gemeinde zusammen. Sie befragen Zeitzeugen, sichten Fotos und stellen in oft mühevoller Kleinarbeit neue, zuvor nicht gekannte Zusammenhänge her. Ihr Ergebnis: neunzehn hoch interessante Schautafeln, die demnächst der Öffentlichkeit gezeigt werden sollen.
Die Schautafeln zeichnen ein vielschichtiges und sehr facettenreiches Bild, gewonnen aus unterschiedlichsten Perspektiven. Etwa von einer Sanitäterin, die in den letzten Kriegstagen im Gussower Lazarett arbeitet. Ihre Erlebnisse und Eindrücke hielt sie in einem Tagebuch fest, das sich Jahrzehnte später auf einem Berliner Dachboden anfand. Hinzu kommen Aufzeichnungen von den Lehrern der Gussower Schule, die um die Jahrhundert-Wende eine Schulchronik anlegten.
Als besonders interessant werten Huxoll und Schäfer die Zeit des Nationalsozialismus: Weil der damalige Bürgermeister August Barsch (NSDAP) den Feindsender BBC London hörte, verurteilte ihn der Volksgerichtshof in Berlin zum Tode – 1943, zwei Jahre vor Kriegsende.
Eng verknüpft mit dem Ort ist auch die Berliner Stadtmission. Sie gibt es in Gussow bereits seit 1927. Nach dem Ende des Krieges setzte sie sich insbesondere für aus der Haft entlassene Männer ein. Unter widrigsten Umständen: Zwar gehörten zur Stadtmission einhundertzwanzig Morgen Land. Die aber konnten nicht bestellt werden, weil es nach Kriegsende an Maschinen fehlte und die Tiere zuvor von Soldaten geschlachtet worden waren.
Wer sich für die Ausstellung interessiert, kann sie vom 26. August bis voraussichtlich 17. September im Gemeindehaus Gussow sehen. Ungeklärt ist allerdings bislang, ob sie nur an Wochenenden oder auch unter der Woche geöffnet sein wird. Die Gemeinde sucht noch dringend Helfer. Infos: 033763/61884. RIC / Heidesee-Journal (Dahme-Spreewald)
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