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Dolgenbrodt: Das Gut und die Bösen (Fortsetzung)

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Der Anschlag auf das bezugsfertige Asylbewerberheim vor neun Jahren ist der vorläufige Tiefpunkt einer Fehlentwicklung in dieser Dorfgemeinschaft. »Ein ganzes Dorf wartete auf den Brand«, stellte der Richter in seinem Urteil fassungslos fest. Heute scheint es, als wartete ein ganzes Dorf auf den Tod Eberhard Spechts, denn dann wäre der Fall vermutlich aus der Welt.


Spechts Anwalt Andreas Giese sagt: »Mehr als sechs Jahre hat das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen mit seiner Antwort gebraucht, um Spechts Antrag 1997 abzuweisen.« Seiner Meinung nach habe man sich auch im Brandenburgischen Landesvermögensamt die Sache zu leicht gemacht, um herauszufinden, was vor fünfzig Jahren in Dolgenbrodt wirklich geschah. Im Ablehnungsbescheid der Behörde heißt es lapidar: »Es spricht keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Annahme nationalsozialistischer Verfolgungsmaßnahmen mit Enteignungscharakter.« Specht sieht sich ein drittes Mal um sein Recht gebracht. Johannes Tuchel von der Gedenkstätte deutscher Widerstand in Berlin bestärkt Specht mit einem Gutachten, in dem er schreibt: »Die Gestapo kam am 14. April 1945 mit der festen Absicht, allen Besitz der Familie Specht zugunsten des Reiches einzuziehen.« Und Anwalt Giese sagt: »An wen sollte denn auch die Gestapo einen Enteignungsbescheid zustellen, wenn die Familie tot beziehungsweise auf der Flucht war?« Doch auch das Cottbuser Verwaltungsgericht lehnt die Klage Spechts ohne die Möglichkeit einer Revison ab. Es stellt nicht nur eine Enteignung durch die Nazis infrage, sondern beharrt auch darauf, dass die sowjetischen Besatzer das Gut Dolgenbrodt konfiszierten - ein Vorgang, der nach dem Einigungsvertrag nicht rückgängig zu machen ist.

Während Ämter und Gerichte den Fall für abgeschlossen halten und Eberhard Specht in São Paulo von der Sozialhilfe lebt, sucht sein Rechtsanwalt Giese nach Dokumenten. Einer seiner wertvollsten Funde ist ein Schriftstück aus dem Moskauer KGB-Archiv. Darin liest der Anwalt: Heinrich Specht hat im März 1945 dem sowjetischen Hauptmann Andrejew Nikolaj Iwanowitsch bei der Flucht aus einem Gefangenenlager in Oranienburg geholfen und ihn versteckt. Anderen Offizieren gelang durch Specht die Flucht aus dem KZ Sachsenhausen. 1947 wollte sich Hauptmann Iwanowitsch bei Specht bedanken, doch fand niemanden vor - aus bekannten Gründen. Am 4. Mai 1947 befiehlt der damalige Vorsitzende der »Kommission für Sequestrierung und Konfiszierung«, Kutukow: »... die deutsche Administration hat dafür zu sorgen, dass Erben von H. Specht sein früher beschlagnahmtes Eigentum zurückerhalten.« In einem weiteren Befehl schreibt Oberst Illyin von der Kommandantur Bernau: »Das gesamte Vermögen ist Herrn Eberhard Specht unverzüglich zur Verfügung zu stellen.«

Obwohl diese Dokumente belegen, dass die Sowjets das Gut Dolgenbrodt aus Dankbarkeit nicht beschlagnahmten, blieben die deutschen Behörden bis heute davon unbeeindruckt. Ein Brief Gieses an Bundesfinanzminister Hans Eichel, dessen Ministerium über die Treuhand Liegenschaftsgesellschaft im Besitz von unveräußerten Grundstücken ist, hatte ebenfalls bisher keinen Erfolg. Im Gegenteil: Eichel ließ mitteilen, dass sich Specht aufgrund des Urteils von Cottbus doch bitte mit der ablehnenden Entscheidung abfinden solle. Giese und Specht sind enttäuscht: »Gerade vom sozialdemokratischen Eichel hätten wir mehr Engagement erwartet.« Nun wollen beide die Jewish Claim Conference in den USA informieren. Ist dem Dorf bewusst, welche Dimension der Fall der Spechts bekommt?

Gerlinde Hake, die Bürgermeisterin, sagt, sie wisse, dass das Dorf auf Specht zugehen müsse. So wie sie nun auf den Friedhof geht. Lindenbäume haben ihre Blätter verteilt, die der Wind über die Gräber treibt. Vor dem Grab von Heinrich und Badana Specht bleibt die Bürgermeisterin stehen. »Die Nazis haben meinen Großvater nur kurze Zeit nach Heinrich Spechts Tod erschossen, er war hier der Bürgermeister.« Gerlinde Hake ist seine späte Nachfolgerin. Ab sofort müsse man die Pflege von Spechts Grab zur Chefsache machen, sagt sie, und es klingt, als gebe sie ein jahrelanges Versäumnis zu. Quelle: Süddeutsche Zeitung

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