Vogelschutz: Neue Richtlinien in Brandenburg
23. Mai 2004 Heidesee Journal / Brandenburg Regional Brandenburg hat seine Vogelschutzrichtlinien und -gebiete nach einem Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Deutschland neu ausgestaltet. „Heideseejournal“ informiert, was Land-, Forst-, Fischerei- und Tourismuswirtschaft sowie Gewerbe zu beachten haben.
Die Besonderheit der EU-Vogelschutzgebiete (SPA): Es handelt sich um großflächige, zusammenhängende Räume für den unmittelbaren Schutz der in der EU-Vogelschutzrichtlinie genannten Rast- und Brutvögelarten. Da die verschiedenen Vogelarten, für die Schutzgebiete benannt werden müssen, unterschiedliche Ansprüche an ihren Lebensraum haben, sind für einzelne Arten auch unterschiedliche Maßnahmen erforderlich.
Die Naturschutzziele und Maßnahmen betreffen meist nicht das gesamte Vogelschutzgebiet, sondern nur die Bereiche, die für die jeweils zu schützenden Arten geeignete Lebensräume aufweisen. Für die Planung von Projekten besteht die Verpflichtung, deren Auswirkungen auf die Zielarten in den Vogelschutzgebieten und deren Lebensräume zu prüfen. In der Regel also eine Verträglichkeitsprüfung. Für die Brandenburger Vogelschutzgebiete besteht ein Verschlechterungs-, aber kein generelles Veränderungsverbot. Das heißt, dass ein Projekt hinsichtlich der Verträglichkeit seiner Auswirkungen auf die Erhaltungsziele und die Schutzzwecke hin zu überprüfen ist. Sind aufgrund einer überschlägigen Einschätzung sowie bisheriger Erfahrungswerte erhebliche Beeinträchtigungen nicht zu erwarten, ist auch keine Verträglichkeitsprüfung erforderlich. Kriterien für diese Einschätzung sind die Größe der Maßnahmen, die Empfindlichkeit der Schutzgüter sowie die Schwere und Dauer der Auswirkungen. Ergibt eine Verträglichkeitsprüfung, dass das beabsichtigte Vorhaben zu einer erheblichen Beeinträchtigung führen kann, kann das Projekt gleichwohl aufgrund bestimmter Ausnahmeregelungen zugelassen werden. Das Projekt muss aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig sein. Öffentliche Interessen können auch vorliegen, wenn ein Unternehmen wirtschaftlicher Art erweitert werden soll und mittels der Durchführung von Investitionen Arbeitsplätze geschaffen oder erhalten werden.
Windeignungsgebiete Einige durch die Regionalplanung ausgewiesene Windeignungsgebiete (Windenergiegewinnung) befinden sich in Vogelschutzgebieten. Für diese Gebiete geben die im Rahmen der Aufstellung des Regionalplans erstellten Gutachten wichtige Hinweise, ob eine Verträglichkeitsprüfung erforderlich ist. Maßgeblich ist, ob die Errichtung von Windkraftanlagen dazu führen kann, dass ein Gebiet seine Schutzfunktionen für die geschützten Vogelarten nicht mehr oder nur noch in deutlich eingeschränktem Umfang erfüllen kann.
Landwirtschaft Für die ordnungsgemäße Landwirtschaft gelten keine Einschränkungen. Dennoch sind in Einzelfällen, wo es für den Erhalt der Vogelarten unabdingbar ist, Regelungen erforderlich. Für solche Einschränkungen, die aus naturschutzfachlicher Sicht unabdingbar sind, werden Ausgleichszahlungen gewährt. Im Grünland, insbesondere Feuchtgrünland, bedeutsam vor allem als Brutgebiet von Wachtelkönig, Tüpfelralle, Kampfläufer, Schnatterente, Trauerseeschwalbe, Uferschnepfe, Seggenrohrsänger und Braunkehlchen, gelten als Ziele:
Erhalt des Feuchtgrünlandes; Nutzungsextensivierung, u. a. durch
reduzierten Pflanzenschutzmittel- und Düngereinsatz; zeitliche Beschränkungen bei Mahd, Schleppen und Walzen; keine Umwandlung von Grünland in Acker; befristete Reduzierung von Störungen; räumliche bzw. zeitliche Einschränkungen bei Gewässerunterhaltung, z. B. Grabenpflege.
Auf Ackerland, als Brut- und Nahrungsgebiet von Arten wie Wiesenweihe, Großtrappe, Ortolan erfasst, gilt: Erhalt der Ackerrandstreifen; Erhalt von Anteilen von Ackerbrachen; Aussparung von Neststandorten bei der Bewirtschaftung; angepasster Ausbau von Feldwegen; Erhalt von Landschaftsstrukturelementen.
Auf Ackerland als Rastgebiet von Gänsen und Kranichen gilt: später Stoppelumbruch; zeitlich befristete Reduzierung von Störungen. Der Anbau von Biomassepflanzen auf Ackerland in Vogelschutzgebieten muss unter den Bedingungen der guten fachlichen Praxis im Rahmen einer nachhaltigen Fruchtfolge erfolgen.
Forstwirtschaft
Grundsätzlich gelten keine Einschränkungen der ordnungsgemäßen Forstwirtschaft. In Brutwäldern von Schreiadler und Schwarzstorch müssen die notwendigen Horstschutzzonen gesichert und Freiflächen im Wald erhalten werden.
Kommen Schwarz- und Mittelspecht, Rauhfußkauz, Ziegenmelker, Brachpieper, Zwergschnäpper vor, müssen Freiflächen im Wald, zum Beispiel Sandtrockenflächen auf früheren Truppenübungsplätzen, erhalten und Störungen zeitlich befristet werden. Zu achten ist auch auf einen vielstufigen Waldaufbau (Altholz, Totholz) sowie hohe Wasserhaltung in Feucht- und Bruchwäldern.
Fischerei
Grundsätzliche Einschränkungen ordnungsgemäßer Fischereiwirtschaft bestehen nicht.
An Gewässerufern, vor allem interessant als Brutgebiet von Zwergdommel, Großer Rohrdommel, Kleiner Ralle, Rohrweihe, Rohrschwirl, Eisvogel, Uferschwalbe, sowie an Gewässern als Brutgebiet von Schnatter-, Tafelente, Fluss-, Trauerseeschwalbe, Schwarzkopfmöwe, gilt: Abstimmung der Wasserhaltung mit der Naturschutzbehörde; Regelung der Mahd von Ufern, Böschungen; befristete Reduzierung von Störungen, z. B. zeitliche und räumliche Beschränkung der Angelfischerei.
Jagd
Bei der Jagd steht die Vermeidung der Störung und unmittelbaren Gefährdung der betroffenen Rast- und Brutvogelarten im Vordergrund. Weiter auf Seite 2»
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