FRIEDERSDORFER SCHULGESCHICHTE
„Wozu nutzt dem Bauern das Schreiben?“
Die Schule im Wandel der Zeit. Von Helga Schinz
27. September 2004 (Heidesee Aktuell) Wie so manche Schule im Land, leidet auch die Friedersdorfer Gesamtschule aktuell unter dem geburtenschwachen Jahrgang 1990/91. Folge: Im Schuljahr 2004/05 gibt es keine 7. Klasse. Grund genug, einmal die Perspektive zu wechseln und sich die lange Tradition der Lehreinrichtung anzuschauen. Helga Schinz, Ortschronistin und ehedem langjährig als Deutschlehrerin an der Friedersdorfer Schule beschäftigt, hat genau das getan. Hier sind die Ergebnisse ihrer Forschungen:
1763 – eine Reform Friedrich II gegen
„Unwissenheit und Dummheit“
Schon lange vor dem General-Landschulgesetz von 1763 existierte in Friedersdorf eine Schule, denn bereits 1648 wird der Küster und Schulmeister Joachim Montag erwähnt. Auch die Nachfolger, die oft zugleich Küster, Lehrer und Organist waren, sind namentlich für die nächsten 100 Jahre überliefert. Um 1763 werden sich die allgemeinen Missstände auch in Friedersdorf bemerkbar gemacht haben. Der Ort hatte sich zu dieser Zeit als königliches Amtsdorf mit rund 400 Seelen entwickelt. Als Pfarrer wirkte von 1753 bis 1768 Heinrich Feige, als Küster und Schulmeister Gottfried Noack. Ihnen und ihren Nachfolgern oblag die Umsetzung der Schulreform. Noch 1796 hielt der Küster und Lehrer Kermaks den Unterricht in seiner Wohnstube ab, in der auch der Präparand (Lehreranwärter) Gottfried Siexe einquartiert war.
Der „Ertrag einer Stelle“
Die Bezahlung des Lehrers war anfangs äußerst gering und erfolgte größtenteils in Naturalien (Deputat). Das „Gehalt“ belief sich auf 48 Taler und 70 Groschen. Zum Lehramt gehörten außerdem: Feld, Wiese, Wohnhaus, Stall und Scheune. „Schulfrei“ gab es meist aufgrund der ökonomischen Notwendigkeit. Manches tat die Gemeinde für die Existenzsicherung des Lehrers, von dem noch lange Zeit ein Handwerk oder eigenes Einkommen erwartet wurde. Zum wenigen Schulgeld bekam er nach 1763 Hütungsrecht für Kuh, Schwein und Gans, einen Schulgarten am Schulhaus, einen Morgen Acker und Wiese. Nach 1800 hatte er ein sicheres, aber karges Gehalt und bei Problemen in Schul- und Lebenssituationen die Gelegenheit für Bittschriften. Als am 1. April 1866 der zweite Lehrer, der bisher nur im Winterhalbjahr angestellt war, fest eingestellt wurde, betrug sein Gehalt „120 Taler bares Gehalt, freies Brennholz und freie Wohnung“. Erst aufgrund einer Verordnung von 1897 stieg das Gehalt für den ersten Lehrer auf 1.243,50 (Mark – seit 1871 deutsche Währungseinheit) jährlich und für den zweiten Lehrer, wenn er vier Dienstjahre vorweisen konnte, auf 900,- Mark.
Die hygienischen Bedingungen waren katastrophal. Noch 1866 gab es laut Kirchenakten für 188 Schüler nur einen „Abort mit zwei Sitzen“. Wasser musste von der sich in der Mitte des Schulhofs befindlichen „Schwengelpumpe“, die auch von der Dorfbevölkerung genutzt wurde, geholt werden. Die Stelle eines Schulmeisters war nicht sehr begehrt. Die Wissensvermittlung beschränkte sich auf ein Mindestmaß an Fertigkeiten im Lesen, Schreiben und Kenntnissen des Katechismus. Weiter auf Seite 2»
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